Hinweise zur Bargeldaufzeichnung bei Freiberuflern und Gewerbetreibenden

Bild-Registrierkasse

Die Relevanz der 2017 nochmals überarbeiteten Regeln zur Aufzeichnung von Bargeschäften (Kassenführung) wird gerade von Freiberuflern und Gewerbetreibenden außerhalb der Bargeldbranchen wie dem Einzelhandel verkannt. Denn für alle Unternehmen gelten detaillierte Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten (Bargeldaufzeichnung), selbst wenn Sie auch nur in kleinerem Umfang für ihre Leistungen Bareinnahmen erzielen, worauf ich gerne nachfolgend am Beispiel einer Tierheilpraxis hinweise.

 

Von der grundlegenden Unterscheidung, ob der bzw. die Tierheilpraktiker/in die Praxis als gewerblichen Betrieb oder als vom Finanzamt anerkannter Freiberufler betreibt, hängt auch die Pflicht zur detaillierten Kassenbuchführung ab. Nach § 18 EStG anerkannte Freiberufler unterliegen im Rahmen der Gewinnermittlung als Einnahmen-Überschuß (EÜR) -Rechner keiner Buchführungs- und damit auch keiner Pflicht zur Kassenbuchführung. Bei gewerblichen Tierheilpraktikern besteht hingegen eine Bilanzierungs- und damit Kassenbuchführungspflicht mit detaillierten Einzelaufzeichnungen, wenn mehr als 600.000 Euro Umsatz oder mehr als 60.000 Euro Gewinn pro Jahr erzielt werden.

 

Jedoch bestehen grundsätzliche Aufzeichnungspflichten für alle Unternehmen

 

Jetzt zu denken, dass man sich entweder als Freiberufler oder als gewerblicher Tierheilpraktiker mit deutlich niedrigeren Einnahmen unterhalb der genannten Jahresumsatz- oder Gewinngrenzen nicht mit den weiteren Aufzeichnungspflichten befassen müsste, ist leider zu früh gefreut: Auch für Kleingewerbetreibende und EÜR-Rechner bestehen insbesondere bei Bargeschäften detaillierte Vorgaben aus der Abgabenordnung und dem Umsatzsteuerrecht, um nicht durch eine Prüfung des Finanzamtes mit Hinzuschätzungen und Steuernachforderungen konfrontiert zu werden. Denn unabhängig von der Gewinnermittlungsart und der Umsatzgröße wird allen steuerpflichtigen Unternehmer/innen im Haupt- und Nebenerwerb auferlegt, Betriebseinahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachzuweisen. Dieses gilt sowohl für Unternehmen, die umsatzsteuerfreie Ausgangsumsätze erbringen wie auch für die umsatzsteuerlichen Kleinunternehmer. Damit gerade bei Geschäften mit „flüchtigem“ Bargeld alle Geschäftsvorgänge für das Finanzamt nachvollziehbar dokumentiert werden, hat ein Praxisinhaber seine Bareinnahmen mittels Einzelquittung oder ab 250,-- Euro Gesamtbetrag durch formelle Rechnung fortlaufend, vollständig sowie richtig aufzuzeichnen und die Belegdurchschläge in seiner Buchführung geordnet abzulegen. Den Originalbeleg oder einen „Kassenbon“ zum Bargeschäft hat er an seinen Kunden seit Januar 2020 immer entweder physisch auf Papier oder digital mittels E-Mail, Kundenkonto bzw. Geräteübertragung z.B. über NFC herauszugeben.

Für gelegentliche Bareinnahmen kann dieses über manuell ausgestellte Quittungen aus dem bekannten Quittungsblock mit Durchschlagspapier erfolgen. Aber schon das handschriftliche Ausfertigen einer Rechnung mit dem Durchschlag für die eigene Buchführung dürfte bei mehreren Rechnungen pro Tag zu aufwendig werden, weswegen die Quittungs- bzw. Rechnungsausstellung (-druck) i.d.R. computerisiert erfolgt. Dann müssen aber die weiteren Vorgaben zur manipulationssicheren (digitalen) Speicherung beachtet oder immer der manuelle Rechnungsdurchschlag aufgehoben werden. Eine einfache digitale Speicherung des Rechnungsdokuments in Form einer Textverarbeitungsdatei oder das Führen eines Kassenbuchs als Tabellenkalkulations-Datei erfüllen die Anforderungen an die Manipulationssicherheit der Aufzeichnungen nicht! Jedenfalls müssen auch nur gelegentliche Bareinnahmen und Barausgaben über ein „Baraufzeichnungskonto“ vollständig und zeitnah in der Buchführung abgebildet werden, selbst wenn sie bei EÜR-Rechnern direkt über das eigene Portemonnaie erfolgen.

 

Kassenbuchpflicht bei ´offenen Kassen´ in Form von Geldkassetten etc.

 

In Tierheilpraxen wird häufig für Bareinnahmen eine sogenannte offene Ladenkasse in Form einer Geldkassette o. dgl. geführt. Eine solche offene Kasse ist nur bei nicht bilanzierungspflichtigen Unternehmen zulässig und immer (!) durch eine Kassenbuchführung zu belegen. Hierin werden alle Barvorgänge aufgezeichnet und am Ende eines jeden Praxistages der Tageskassenbericht mittels folgender Positionen bzw. folgendem Rechnungsweg erstellt:

 

Tagesendbestand (Endbestand der Kasse zum Geschäftsschluss)

./. Anfangsbestand (Kassenbestand des Vortages)

= Zwischensumme (Saldo aus Tageseinnahmen und Tagesausgaben)

+ Kassenausgaben des Tages

+ Bankeinzahlung von Kassenentnahmen

+ Privatentnahmen

./. Abhebungen vom Bankkonto zur Einlage in die Kasse

./. Privateinlagen

./. Sonstige Tageseinnahmen

= Kasseneinahmen des Tages

 

Ein solcher täglicher Kassenbericht ist mittels Vordrucken aus dem Schreibwarenhandel oder dem Internet, aber immer handschriftlich zu führen, um nachträgliche Veränderungen/ Manipulationen auszuschließen. Insofern ist das Führen einer offenen Kasse insbesondere bei umsatzsteuerpflichtigen Praxen mit einigem Dokumentationsaufwand versehen, der bei einer höheren Anzahl von Bargeschäften unwirtschaftlich wird. In dieser Situation überlegen viele Praxisinhaber, sich eine elektronische Registrierkasse, womöglich aufgrund des steigenden Angebots gebraucht zu kaufen, um ihre Dienstleistungs- und Warengeschäfte einzeln und effizient zu erfassen.

 

Erhöhte Anforderungen an elektronische Registrierkassen

 

Allerdings liegt ein Grund für das steigende Angebot gebrauchter und daher günstiger Registrierkassen vermutlich in den steuerrechtlich erhöhten Anforderungen an elektronische Kassensysteme zur Erfassung von Bargeschäften. Elektronische Registrierkassen müssen spätestens ab 2023 den Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form und zum Datenzugriff (GoBD) vollständig entsprechen. Elektronisch sind dann die oben genannten Kassenvorgänge einzeln aufzuzeichnen und sogar um weitere Kassenbedienungen wie Stornierungen, Trainings- oder nicht abgeschlossene Geschäftsvorfälle im Rahmen einer Beleg- und Journalfunktion zu ergänzen sowie einzeln auslesbar abzuspeichern. Solche Daten müssen wie die manuellen Kassen-Aufzeichnungen 10 Jahre lang jederzeit und unverzüglich trotz technischer Weiterentwicklungen für Prüfungen z.B. auf Speicherkarte oder USB-Stick verfügbar gemacht werden können. Während dieses Zeitraums sind vom Unternehmen auch Organisationsunterlagen (Bedienungshandbücher, Fehlerprotokolle, Organisationspläne mit Verantwortlichkeiten zur Kassenbedienung, Einsatzort und –zeitraum des Kassensystems etc.) ggf. in Papierform bereitzuhalten.

Auch ein EÜR-Rechner, sei es als Kleingewerbetreibender oder als Freiberufler mit freiwilliger Registrierkasse, hat für seine Baraufzeichnungen mittels elektronischer Registrierkasse die vorgenannten Aufzeichnungspflichten grundsätzlich zu erfüllen. Zudem müssen Praxisinhaber nach GoBD den Abgleich zwischen dem elektronisch ermittelten Kassenbestand und dem tatsächlichen Kassenbestand in Form zu zählender Münzen und Scheine vornehmen. Sie haben also täglich diesen Kassensturz mittels des „Zählprotokolls“ zu dokumentieren.

Weiterhin müssen die digitalen Kassen-Aufzeichnungen spätestens ab 2023 ihre Manipulationssicherheit durch eine, in das Kassensystem eingebaute zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung beweisen. Es ist davon auszugehen, dass auf dem Gebrauchtmarkt derzeit angebotene Kassensysteme diese Anforderung regelmäßig nicht erfüllen und deswegen als „Altgeräte“ zunehmend sowie „günstig“ angeboten werden. Solche Systeme haben aber steuerrechtlich nur noch eine begrenzte Nutzungsdauer bis zum 31.12.2022. Hinzu tritt die neue Meldepflicht des Betreibers eines elektronischen Kassensystems, welcher die Anschaffung und Außerbetriebnahme des elektronischen Kassensystems mit Namen und Steuernummer dem Betriebsstättenfinanzamt melden muss.

 

Fazit/ Empfehlungen:

 

Bei nur geringem Umfang von Bargeschäften vor allem unterhalb eines Gesamtbetrages pro Vorgang von 250,-- Euro kann der Praxisbetreiber (weiterhin) eine offene Kasse mit einem ordentlich, zeitnah und vollständig geführtem Kassenbuch samt entsprechender Quittungs-/ Rechnungsablage manuell führen. Mit zunehmender Anzahl und umsatzmäßiger Bedeutung von Bargeschäften wird der Praxisinhaber schon aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen gut beraten sein, in eine moderne elektronische Registrierkasse bzw. ein solches (softwaregestütztes) Kassenführungssystem zu investieren, welche/s den steuerrechtlichen Anforderungen an Einzelaufzeichnung, Einzelzugriff, Vollständigkeit, Zeitnähe, Eindeutigkeit und Manipulationssicherheit entspricht. Von mittels Bürosoftware manipulations-unsicher digital erstellten Rechnungen bzw. Quittungen ohne Durchschlag und von Zwischenlösungen mit (gebrauchten) Registrierkassen ohne Einzelaufzeichnungs- und –auslesefunktionen ist wegen der bis Ende 2022 auslaufenden Übergangsfrist abzuraten. Eine möglichst einfache Lösung kann auch in der Vermeidung reiner Bargeld-Geschäfte durch die Nutzung von Girocard- („EC-“) Terminals mit unbaren Transaktionsbuchungen über das Bankkonto oder in einer digitalen Übermittlung der Bargeldtransaktion bzw. ihres Belegs via Smartphone-App des Kunden liegen. 

 

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